Kindesmissbrauch

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Version vom 4. September 2021, 08:57 Uhr von Balázs (Diskussion | Beiträge) (UK Independent Inquiry Child Sexual Abuse)

Diese Seite enthält Informationen und Medienberichte über Kindesmissbrauch durch Angehörige von Kirchen.

Insbesondere die katholische Kirche hat das Problem, dass sie mit dem Zölibat die gesunde menschliche Sexualität ihrer Pfarrer unterbindet bzw. Männer mit sexuellen Störungen selektiert, was in einigen Fällen zu Verbrechen führt. Die Fälle sind jedoch nicht auf die katholische Kirche beschränkt: in charismatischen Sekten und in einem stark religiös geprägten Umfeld, wo Kritik generell schwere Folgen nach sich zieht und starke Hierarchien bestehen, findet Kindesmissbrauch im Verborgenen statt. Die Opfer haben keine Möglichkeit, oder sie werden unter Druck gesetzt, die Verbrechen nicht an staatliche Behörden zu melden. Siehe z. B. Colonia Dignidad (evangelikal), Zeugen Jehovas. Religionsgemeinschaften sind ein Umfeld, in dem die Geistlichen mit so viel unverdientem Vertrauensvorschuss ausgestattet werden, dass teilweise Eltern ihren eigenen Kindern nicht glauben, wenn diese von Missbrauch berichten.

Das Spezielle an der katholischen Kirche ist, dass sie bislang in vielen Ländern, auch in Österreich, eine strafrechtliche Verfolgung der Täter durch staatliche Behörden häufig verhindern konnte, indem sie ihren Einfluss auf die Politik geltend machte. Stattdessen verspricht sie eine interne Aufklärung, erfüllt das Versprechen jedoch nur zögerlich oder unvollständig. So kann sie in den meisten Fällen die Aufarbeitung aufschieben, bis die Fälle verjährt sind. Die "Strafen" für die Täter waren typischerweise mild, z. B. Versetzung in ein anderes Gebiet, wo die Missbrauchsfälle dann weitergingen.

Übersichten

Wikipedia (Englisch): Catholic Church sexual abuse cases by country - "We know now that in the last 50 years somewhere between 1.5% and 5% of the Catholic clergy has been involved in sexual abuse cases", adding that this figure was comparable to that of other groups and denominations.

Wikipedia (Deutsch): Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche: Historische Aufarbeitung des Themas bezogen auf viele Länder, sehr viele Referenzen.

International

2021-01-19 Hans Zollner: Kirche muss beim Kinderschutz aktiv mitwirken - Jesuit Hans Zollner, Mitglied der päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen: "Wir übernehmen keine Verantwortung – sondern drucksen rum und setzen unsere Karrieren und Reputation an die erste Stelle. Die Leute innerhalb und ausserhalb der Kirche nehmen uns nicht mehr ab, dass wir es ernst meinen mit Aufarbeitung und Prävention. Wenn wir hier nicht tun, was wir sagen, wie sollen die Leute dann glauben, was wir über Jesus, die Erlösung, die Sakramente sagen?"

Österreich

2021-01-03 Vergewaltigungsvorwurf gegen Altbischof Küng bleibt ohne Folgen - "Die kriminalpolizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Übergriffen des Bischofs um eine "versuchte Vergewaltigung" gehandelt hatte. Da die Vorwürfe bereits verjährt waren, kam es jedoch zu keinem Strafprozess."

2019-02-24 Missbrauchsopfer - "Staatliche Justiz muss sich um kirchliche Verbrechen kümmern" - "Doch egal, welche Richtlinien der Papst vorgebe, stünden ihm unzählige Geistliche gegenüber, die Täter decken würden."

2014-05-07 Seit 2003 feuerte der Vatikan 848 Priester - "Zugleich verwahrte er [Erzbischof Tomasi, Anm.] sich gegen die Forderung, der Vatikanstaat müsse strafrechtlich gegen katholische Kirchenmitarbeiter weltweit vorgehen."

2013-06-26 Missbrauch: Wien ist anders - 'Die Republik gibt sich sehr zufrieden, wenn sie sich hinter dem Feigenblatt einer kirchlich berufenen Arbeitsgruppe, der "Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft", verstecken kann. Jene  kirchliche Arbeitsgruppe - im Volksmund auch "Klasnic-Kommission" genannt - die im Jahr 2010 errichtet wurde, begann ihr Dasein, so waren und sind viele Kommentatoren einig, als genialer Schachzug der katholischen Kirche Österreichs. '

2010-04-01 Opferbeauftragte Klasnic beginnt Arbeit - 'Bei Kirchenkritikern ist die Wahl von Klasnic nicht unumstritten, da sie unter anderem als Vorsitzende des Dachverbandes "Hospiz Österreich" enge Kontakte zur Kirchenleitung pflegt. Auch die  "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" bekräftigte ihre Kritik an der Klasnic-Kommission. Von der früheren Landeshauptfrau sei wenig Wille zur Aufklärung zu erwarten.'

2004-09-02 Sexskandale ohne Ende - "Auch in Österreich schädigten (vertuschte) Sexaffären das Image der Kirche, Höhepunkt war 1995 der Fall des mittlerweile verstorbenen Kardinals Hans Hermann Groer, der einen ehemaligen Schüler unsittlich berührt haben soll. Aber auch weniger prominente Geistliche mussten sich Vorwürfen stellen, doch nur wenige sich vor Gericht verantworten."

Die "Unabhängige Opferschutzanwaltschaft"

Als Reaktion auf die Skandäle wurde 2010 die Opferschutzanwaltschaft oder -kommission eingerichtet - auf Initiative und aus Mitteln der katholischen Kirche, mit einem starken personellen Naheverhältnis zu eben dieser. Seither macht sie ihre Arbeit im Stillen und informiert gelegentlich wortkarg auf ihrer Webseite.

Nach 10 Jahren, bis April 2020 hat die Kommission 2.305 Fälle positiv entschieden (also Missbrauch festgestellt). (Insgesamt gab es 2.496 Betroffenen-Meldungen, also wurden 92,35 % positiv entschieden.)

Fast 84 % der Fälle betreffen die 1950-er- bis 1970-er-Jahre. Nur 28 Fälle sollen die zwanzig Jahre seit 2000 betreffen. Die Opfer waren zu 65 % männlich, 35 % weiblich. 78 % erlitten körperliche, 77 % psychische und 30 % sexuelle Gewalt (mit der Möglichkeit von Mehrfachnennungen).

Es wurden Entschädigungen und therapeutische Hilfeleistungen in der Höhe von 30,7 Mio. € zuerkannt. Die katholische Kirche zahlt diese aus einer eigens eingerichteten Stiftung; die ca. 3 Mio € an jährlichen Zahlungen weist sie in ihren Rechenschaftsberichten nicht aus.

Nach 5 Jahren, bis um 4. 4. 2015 waren es "rund 1700" Fälle. In den ersten fünf Jahren also ca. 340 Fälle pro Jahr, danach in 5 Jahren 605, also "nur mehr" ca. 120 Fälle pro Jahr.

Die Kommission scheint sehr gut darin zu sein, die Fälle mit den Opfern so zu klären, dass sie nicht in die Medien kommen - jedenfalls ist öffentlich praktisch nichts wahrnehmbar. Dies verhindert aktuell eine Austrittswelle wie 2009-2010 in Österreich und 2020-2021 in Deutschland.

Es wäre trotzdem wünschenswert, eine ähnliche Transparenz wie in Deutschland zu pflegen: ohne öffentlichen Druck ist es weiterhin sehr schwierig, die Kirche zur Änderung ihrer Verfahren und tatsächlicher Transparenz zu zwingen.

Aktualisierung August 2021: Keine Änderung auf der Seite der Opferschutz-Anwaltschaft, aber auf https://www.ombudsstellen.at/: 2.870 Fälle "zugunsten von Betroffenen entschieden" mit Stand 31. 5. 2021. Das ist verglichen mit April 2020 (10-Jahres-Meldung auf der Seite der Kommission) ein Steigerung von 565 Fällen, also 24,5 %, und das in nur einem Jahr.

Deutschland

2021-05-17 Zeugen Jehovas - Missbrauch vertuscht? (Video) - "Bei der Recherche für diese Doku stoßen wir auf Hinweise, dass in der Wachtturmgesellschaft, der Organisation hinter den Zeugen Jehovas, eine ausgeklügelte Paralleljustiz unter dem Mantel der Bibel existiert."

2021-03-18 Gutachten zu Missbrauch sieht 202 Beschuldigte in Erzbistum Köln, entlastet aber Kardinal Woelki - "Zwei hohe Würdenträger wurden von ihren Ämtern suspendiert. Die Missbrauchsopfer waren laut Gutachten mehrheitlich Burschen. Bei 63 Prozent der Beschuldigten handelt es sich um Kleriker, großteils Priester."

2021-02-22 Missbrauch im Erzbistum Köln - Zahl der Opfer wohl höher als bislang gedacht - "Vier Wochen vor der Vorlage eines Rechtsgutachtens zum Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln sind laut einem Zeitungsbericht erste Zahlen zu Tätern und Opfern bekannt geworden, die um mehr als das Doppelte über den bisherigen Angaben des Erzbistums liegen."

2021-02-16 Missbrauchsvorwürfe gegen Niederbronner Schwestern - "Die Stadt München bestätigt auf Nachfrage des BR die Misshandlungen durch Schwester M. und eine weitere Niederbronner Schwester. Auch zwei Angestellte der Stadt München stünden im Fokus der Vorwürfe mehrerer Betroffener."

2021-02-05 Missbrauch bei den Zeugen Jehovas: Systematische Vertuschung - "Einem Verdacht wird aber nur nachgegangen, wenn es neben dem Kind mindestens einen weiteren Zeugen gibt ("Zwei-Zeugen-Regel"). Andernfalls wird die Sache "in Jehovas Hände" gegeben."

2021-02-01 Missbrauch im Bistum Berlin: Gutachten macht mindestens 121 minderjährige Opfer aus - "Die Kirchenleitung habe eine größere Empathie für die Täter als für die Opfer gehabt."

2021-01-06 Erzbistum Köln: Einsicht in Gutachten nur mit Verschwiegenheitserklärung - Eigentlich war geplant, das Gutachten ganz zu veröffentlichen, jetzt wird es beerdigt.

2021-01-04 Lautes Schweigen - 'Sie zeigten sich auch überrascht darüber, "wie zurückhaltend Staat und Öffentlichkeit (bislang) mit dem alarmierenden Anfangsverdacht schwerer Verbrechen umgehen". Dies – so Strafrechtler – habe möglicherweise seinen Grund in einer in Deutschland herrschenden "intuitiven Vorstellung von der sakrosankten Eigenständigkeit der Kirche".'

Irland

2021-01-13 Tausende Kinder starben im 20. Jahrhundert in irischen Mutter-Kind-Heimen - "Die Heime wurden von der Regierung kontrolliert und von religiösen Organisationen geleitet."

Polen

2021-06-28 Hunderte Missbrauchsfälle in Polens katholischer Kirche - "Einige der gemeldeten Taten liegen nach Angaben der Kirche Jahrzehnte zurück. Es gebe aber auch eine nicht unerhebliche Zahl sexueller Übergriffe, die in den vergangenen Jahren begangen worden seien. Zudem gebe es vermutlich noch eine hohe Dunkelziffer, sagte Żak."

2021-01-13 Polnische Kirche präsentiert Kindesmissbrauch-Analyse - "Nach 2010 sind laut der Statistik aber fast ebenso viele Mädchen wie Burschen von Kindesmissbrauch in der Kirche betroffen. Seit 2011 waren 70 Opfer demnach zwischen 15 und 18 Jahre sowie 41 unter 15 Jahre alt."

Frankreich

2021-03-03 Kirchenexperte: 10.000 Missbrauchsopfer möglich - "Die Zahl der geschätzten Opfer beziehe sich auf den Zeitraum seit 1950. Die Kommission wurde demnach 2018 nach mehreren Skandalen eingerichtet."

Ungarn

2021-05-28 Die Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs und die ungarisch-katholische Kirche - "In meinem Heimatland existiert bis jetzt weder eine theologische, noch eine psychologisch-psychiatrische Aufarbeitung des Themas spiritueller und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche. Es ist trotz der in den letzten ein, zwei Jahren eingeführten kirchlichen Maßnahmen bis heute immer noch stark tabuisiert. Deswegen ruft das Buch schon vor seiner Veröffentlichung äußerst heftige Reaktionen im medialen Bereich hervor und ich werde als Autorin von vielen regierungsnahen und rechtskonservativen Medien vehement angegriffen."

2021-04-14 (Ungarisch: Mein Gott, der erste Kuss meines Lebens war mit dem Pfarrer) - Erste Meldung 2003, aber die Kirchenbehörden haben dem Opfer nicht geglaubt. Erst 2015 wurde der Pfarrer aus dem Verkehr gezogen. Nach den Medienberichten haben sich noch 20 Betroffene gemeldet. Strafe: darf nicht mehr Pfarrer sein. Gegen das Opfer läuft noch ein Gerichtsverfahren wegen Stalking der Kirchenoberen, weil er beharrlich auf ein Treffen mit dem Kardinal bestand.

2021-02-26 Hungarian Catholic Church Leaders Filed Charges Against a Victim of Sexual Abuse - "Sexual abuse of minors by clergy in Hungary has not been well documented, especially in the period prior to the breakup of the Eastern Bloc: before 1990, there are almost no documented cases of sexual abuse by Hungarian priests, largely due to that period's lack of independent courts or a genuine press, and to the church's longstanding efforts to keep such cases quiet."

Spanien

2021-05-18 Spanische Bischofskonferenz gibt 220 gemeldete Missbrauchsfälle seit 2001 zu - "Die spanische Zeitung El País berichtet jedoch über andere Zahlen: Ihre eigene Datenbank kommt auf über 300 Fälle mit über 800 Betroffenen und 54 Kardinälen, Bischöfen und Priestern, die an der Vertuschung des Missbrauchs beteiligt gewesen sein sollen, sowie 69 Fälle, in denen Priester nach einer Anzeige einfach an einen anderen Ort versetzt worden seien."

Vereinigtes Königreich

2021-09-04 Inquiry report finds child sexual abuse in most major UK religions - "The report finds that organisational and cultural barriers to reporting child sexual abuse within religious organisations and settings are numerous, varied and difficult to overcome. These include victim-blaming, an absence of discussion around sex and sexuality, and discouraging external reporting, thus prioritising the organisation’s reputation above the needs of victims of sexual abuse." (Der Bericht beschreibt, dass in religiösen Organisationen und Strukturen mehrere, vielschichtige und schwer überwindbare organisatorische und kulturelle Hürden für die Meldung des sexuellen Missbrauchs von Kindern existieren. Die Liste beinhaltet: Die Schuld dem Opfer zu geben; keine Diskussion über Sexualität; das Abraten von externer Meldung, und somit die Priorisierung des Rufes der Organisation über die Bedürfnisse der Opfer des sexuellen Missbrauchs.)