Finanzierung durch den Staat
Anlehnend an das hervorragend recherchierte, aber leider schon etwas ältere Buch "Gottes Werk und unser Beitrag - Kirchenfinanzierung in Österreich" (abgek. GWuuB) von Carsten Frerk und Christoph Baumgarten (Czernin Verlag, 2012) listen wir hier die finanziellen Leistungen, die der Staat Österreich bzw. Bundesländer aus Steuermitteln an Religionsgemeinschaften und für religiöse Zwecke ausgeben bzw. Einnahmen, auf die sie verzichten.
Die hier nachgewiesene Summe für 2020 (bzw. die neuesten verfügbaren Daten) ergibt ca. 1,47 bis 1,72 Mrd. Euro.
Direkte Zahlungen
Der Bund zahlt auf Basis des Vermögensvertrags von 1960 und Zusatzverträgen direkt an die Katholische, die Evangelische und die Altkatholische Kirche sowie an die Israelitische Kultusgemeinde. Ursprünglicher Grund dafür ist der Religionsfonds.
2011: 56.592.000 €
2020: 72.279.755 €
Davon: 66.835.250 € allein an die Katholische Kirche, 2020 um ca. 3,5 Mio. €/Jahr erhöht, und zwar nachträglich, mit einer Nachzahlung für 2018 und 2019.
2021: 65.683.344 €
Vom Religionsfonds bis zum Kirchenbeitrag
Dieser Fonds 1782 wurde vom "aufgeklärt absolutistischen" Kaiser Joseph II. eingerichtet, der das Kirchenvermögen neu strukturierte. Das Ziel war, die Bezahlung der Geistlichen und die Erhaltung der Kirchengebäude sicherzustellen. Dies war Staatsvermögen, die Erlöse wurden an die Kirche(n) ausgezahlt. Zusätzlich behielt die Kirche natürlich eine Menge Land, die sie auch heute noch hat.
Dies war eine Zeit, in der die Grundbesitzer noch Lehensherren waren und sehr weitgehend über ihre "Untertanen" herrschten: Diese hatten weder freie Berufswahl noch Reisefreiheit; selbst für die Eheschließung brauchten sie die Zustimmung ihrer Lehensherren, die in vielen Fällen die Katholische Kirche war. Im Jahrhundert davor wurde der Dreißigjährige Krieg geführt, nach diesem wurden große Gebiete in Österreich mit Gewalt rekatholisiert. Das ist der historische Hintergrund, wenn es um die Herkunft von kirchlichem Grundbesitz geht. Was auf den Lehen/Besitzungen erwirtschaftet wurde, kam aus der Ausbeutung von Menschen, die ihr Leben nicht frei gestalten konnten.
Der Religionsfonds wurde dann über die Jahre weitergeführt. Ab 1885 reichten die Erlöse aus dem Fonds für die Finanzierung der Kirchen nicht mehr aus, der Staat begann zuzuschießen. Insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg führte die Geldentwertung zu weiteren Wertverlusten.
Nach dem Einmarsch der Nazis wurde der Religionsfonds 1939 aufgelöst. Als Ersatz dafür wurde den Religionsgemeinschaften die Möglichkeit gegeben, selbst von ihren Mitgliedern Kirchenbeiträge einzuheben. Auch wenn die Nazi-Diktatur dafür sorgte: dies ist die einzige vernünftige und gerechte Finanzierungsform im Kontext der Vielfalt von Religionen und der damals schon wachsenden Anzahl von Menschen ohne religiöse Bekenntnis.
Diese Regelung wurde nach 1945 beibehalten, während andere Nazi-Gesetze geändert wurden. Also ist eine Systemumstellung passiert und von der Republik weitergeführt worden.
Die Kirchen wollten dann beides haben: Staatliche Finanzierung und weiter den Kirchenbeitrag einheben. Dies führte dazu, dass später, 1960, Verträge mit dem Vatikan und den Religionsgemeinschaften geschlossen wurden, die die Zahlungen regeln.
Rechtliche Grundlagen der Zahlungen
Katholische Kirche: Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen, Artikel II; 7. Zusatzvertrag zum Vermögensvertrag
Evangelische Kirche: Bundesgesetz vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, § 20
Israelitische Religionsgesellschaft: Gesetz vom 21. März 1890, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft, § 14
Altkatholische Kirche: Bundesgesetz vom 26. Oktober 1960 über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche
Höhe der Zahlungen und Berechnung
Neben einem gesetzlich festgelegten Betrag wird jeweils eine Anzahl von Stellen mitfinanziert, deren Wert vom jeweiligen Bezug von Beamten nach dem staatlichen Besoldungsschema ("Gehalt eines Bundesbeamten der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse IV, 4. Gehaltsstufe zuzüglich Sonderzahlungen und Teuerungszuschlägen") abhängt. Damit ist bei diesem Teil eine jährliche Inflationsanpassung automatisch gegeben. Zusätzlich wird die Fixzahlung regelmäßig angepaßt, wenn die Inflation seit der letzten Erhöhung jeweils 20 % erreicht hat. Die automatische Anpassung, sobald die Inflation 20 % erreicht hat, wurde am 10. 12. 2020 im Nationalrat beschlossen. Vorher wurde 60 Jahre lang (zwischen 1960 und 2020) regelmäßig ein neues Gesetz/Zusatzvertrag mit dem Vatikan beschlossen und die Zahlungen an die anderen Religionsgemeinschaften angepaßt.
Kritik
Diese Zahlungen wurden in den 1960-er-Jahren, also zu einer Zeit festgelegt, in der praktisch niemand außerhalb dieser vier Religionsgemeinschaften in Österreich lebte. Es war damals wohl auch nicht vorstellbar, dass sich das ändern könnte. Heute beträgt der Anteil der Angehörigen dieser Religionsgemeinschaften jedoch kaum mehr als 60 % (ca. 25 % Konfessionslose, 7-9 % Muslime, Orthodoxe Christen, Zeugen Jehovas, christliche Freikirchen, Buddhisten, weitere Religionsgemeinschaften). Es gibt keine Mechanismen, um die Zahlungen an die tatsächliche Anzahl der Anhänger der jeweiligen Religion anzupassen.
Die Begründung der Zahlungen ist, dass sie eine Entschädigung an die Opfer des Nationalsozialismus darstellen. Es stellt sich jedoch Frage, welche Rolle diese "Entschädigung" mehr als 80 Jahre später in einer komplett veränderten Situation noch spielt, und ob sie nicht schon mehrmals geleistet wurde und irgendwann abgezahlt ist. Entschädigungen an Menschen orientieren sich ja an einem konkreten Schaden oder enden notwendigerweise mit dem Tod dieser Menschen. Im Versicherungsrecht gilt, dass die Entschädigung für einen Schaden nicht höher als der Schaden sein darf.
Es wäre längst die Pflicht des Gesetzgebers gewesen, den entstandenen Schaden exakt zu berechnen und die Zahlungen einzustellen, sobald die Entschädigung geleistet ist.
Die jährlichen Einnahmen der Katholischen Kirche aus dem Kirchenbeitrag sind 8 bis 10mal höher als die staatliche "Entschädigung". Das zeigt schon, welche Wohltat die Umstellung auf den Kirchenbeitrag für die Kirchen war, und wie sehr sie von ihrer "Schädigung" durch die Nazis profitieren.
Es gibt auch das Argument, die "Entschädigung" entspräche den jährlichen Erlösen, die beschlagnahmten und nicht zurückerstatteter Landbesitz abwerfen würde. Nur: Die gesamten Erträge aus "Vermögensverwaltung (ohne Finanzergebnis) - Vermietungen" laut Gebarungsbericht sind weniger als die Hälfte der "Wiedergutmachung". Das würde heißen, daß mehr als zweimal so viel Land beschlagnahmt worden wäre als die Kirche aktuell hat.
Mehrfach wurde das Argument vorgebracht, der Vermögensvertrag von 1960 sähe die Anpassung an die Inflation vor, nur steht das dort nicht drinnen, wie man sich leicht überzeugen kann. Was aber drinnen steht: "Die Katholische Kirche anerkennt, daß die Republik Österreich über die in diesem Vertrag zugesagten Leistungen hinaus auf den darin behandelten Gebieten keine weiteren finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen hat." Eine Begründung für die Inflationsanpassung steht also nicht nur nicht im Vertrag drinnen: Die Katholische Kirche erkennt sogar an, dass sie keine weiteren Forderungen (wie eine regelmäßige Erhöhung der Zahlungen) hat. Bis zum Beschluss der automatischen Anpassung durch Parlament im Jahr 2020 war das also immer ein freiwilliges Entgegenkommen des Staates, keine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung.
Steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags
2012: ca. 120 Mio. €/Jahr
2020: wegen der Covid-19-Krise unsicher. Der Trend der Vorjahre würde auf 125 - 140 Mio. € hindeuten, und 2020 werden noch die Steuern für 2019 gezahlt, allerdings wurden manche gestundet. Das Finanzministerium gibt 130 - 150 Mio. € an.
Pflichtbeiträge, die an anerkannte Religionsgemeinschaften gezahlt wurden, lassen sich bis 400 € von der Einkommenssteuer absetzen. Sie verringern also die Basis, von der die in Stufen eingeteilten Steuerbeträge berechnet werden. Dem Staat entgeht damit ein Betrag, der fast doppelt so hoch ist wie die Direktzahlungen, allerdings hier von allen Religionsgemeinschaften, die Pflichtbeiträge einheben.
Ähnliche Absetzmöglichkeiten gibt es bei Spenden an gemeinnützige und mildtätige Vereine, die aber ihre Wohltätigkeit nachweisen und sich regelmäßig kontrollieren lassen müssen. Diese Pflicht gilt für die Religionsgemeinschaften nicht. Bis die Absetzmöglichkeit gegeben ist, dauert es auch mindestens 5 Jahre für die Vereine. Und: viele dieser Vereine sind unter kirchlicher Kontrolle - wie z. B. mehrere, deren Tätigkeit die Missionierung ist, sie sind also eigennützig statt gemeinnützig. GWuuB berechnet allein für die Missions-Organisationen einen jährlichen Betrag von 54 Mio. €: 43 Mio. Steuerentfall und 11 Mio. € staatliche Subventionen.
Berechnung
Die Zahl aus 2012 in "Gottes Werk und unser Beitrag" stammt aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage. Die Berechnungsmethode ist dort nicht erklärt.
Die gerundeten Beiträge, die in der Anfragebeantwortung angegeben sind, änderten sich zwischen 2009 und 2011 nicht; 2012 wurde der Absetzbetrag von 200 auf 400 € erhöht, was die Änderung erklärt. Die Einkommen und die daraus resultierenden Bemessungsgrundlagen steigen natürlich von Jahr zu Jahr, andererseits treten auch jedes Jahr Leute aus den Kirchen aus. Die Inflation und die Austrittsrate sind dabei in einer ähnlichen Größenordnung, sie dürften sich also ungefähr die Waage halten. Damit wird sich der Betrag eher nicht sehr stark ändern. Mehr Kirchenaustritte (in Prozent der Mitglieder) als die Inflationsrate können dazu führen, dass diese "negative Staatsleistung" abnimmt.
Eine Anfragebeantwortung aus 2020 enthält neuere Zahlen: 2015 bis 2018, sowohl für Kirchenbeiträge als auch für abgesetzte Spenden. Der Steuerentgang aus den Kirchenbeiträgen betrug in diesen Jahren zwischen 124 Mio. und 143 Mio. €. Der Steuerentgang aus den abgesetzten wohltätigen Spenden liegt bei ca. 54 bis 64 % dieses Betrags.
Fürs Jahr 2020 ist damit zu rechnen, daß die Steuereinnahmen und auch die Kirchenbeiträge wegen der Covid-19-Krise deutlich zurückgehen. Das wird 2020 und wohl auch noch in 2021 dazu führen, dass der Steuerentgang weniger als in den Jahren davor beträgt.
Die Kirche zitiert das Finanzministerium mit 130 - 150 Mio. € Steuerentgang aus der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags.
Weitere Staatsleistungen für den Kirchenbeitrag
Der Staat verwaltet eigentlich komplett unnötig und in für den Datenschutz problematischer Weise die Religionszugehörigkeit von Menschen. (Diese ist bei sehr vielen Menschen in Österreich nicht einmal selbstbestimmt, sondern von den Eltern vorgegeben.)
Die Informationen liefert das staatliche Meldewesen an die Religionsgemeinschaften (Meldegesetz § 20 (7)) , die sie nutzen können, um ihre "Mitglieder" (also Leute, die in einem staatlichen Melderegister eine bestimmte Religion eingetragen haben) zur Zahlung des Kirchenbeitrags zu verpflichten. Die Religionsgemeinschaften sparen sich damit einen enormen Aufwand (und damit Kosten) in der Mitgliederverwaltung, Registrierung neuer Mitglieder, Erfassung von Umzügen etc. Sie nutzen die Daten aus dem staatlichen Meldewesen sogar, um über zugezogene Menschen mit eingetragener Religionszugehörigkeit benachrichtigt zu werden und bei den Schwesterkirchen in den Herkunftsländern zu fragen, ob dieser Mensch getauft ist. Für manche Leute, die sich in Österreich niederlassen, ist die Zahlungsaufforderung der Kirche einer der ersten eintreffenden Briefe (GWuuB, S. 47).
Steuerbefreiungen
Grundsteuer
Religionsgemeinschaften sind von der Grundsteuer für alle Gebäuden befreit, die für Gottesdienste, Seelsorge, Unterweisung, Verwaltung und als Altersheime genutzt werden. Die Befreiung gilt allerdings auch für Sportvereine, öffentliche Körperschaften, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Universitäten usw.
Da die Erhebung der Grundsteuer in den Kompetenzbereich der Gemeinden fällt, gibt es keine österreichweiten Zahlen dazu. Angeblich wurde 2010 für einen "Geheimplan" errechnet, wie viel davon hereinkommen würde, aber das Ergebnis wurde nie veröffentlicht. In einem Standard-Artikel aus 2012 wurden 53 Mio. €/Jahr genannt, GWuuB nennt 54 Mio. €/Jahr, erwähnt aber, das nicht verifizieren zu können.
Erbschafts- und Schenkungssteuer
Schenkungen und Erbschaften an anerkannte Religionsgemeinschaften sind nur mit 2,5 % zu versteuern, statt eines deutlich höheren, mit dem Betrag ansteigenden Steuersatzes.
Andere Steuerbefreiungen und -begünstigungen
Weitere Ausnahmen gibt es z. B. im Kapitalverkehrsgesetz, in der Gewerbeordnung und diversen Landesgesetzen. Hier konnte keine Summe ermittelt werden.
Kostenlose Sendezeit und Programmproduktion im ORF
Im ORF-Gesetz wird definiert, dass "die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften" zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gehört. Da aber in allen Aufsichtsgremien Kirchenvertreter sitzen, ist mit "angemessen" auch die kommentarlose Übernahme von Inhalten dieser Religionsgemeinschaften (sehr ungleich zugunsten der großen christlichen Kirchen verteilt - eine Live-Übertragung eines islamischen Gottesdienstes würde wohl ziemliche Empörung auslösen) gemeint. Die Kosten der Übertragungstechnik und des Personals werden auch vom ORF getragen. GWuuB kommt auf 10 bis 57 Mio. € für 2010, je nachdem, ob Werbetarife (die zweifellos für einen Teil der Programme angerechnet werden müssten) oder nur der Anteil der religiösen Inhalte am Gesamtprogramm im ORF-Budget gerechnet wird.
Der neueste erreichbare Jahresbericht des ORF von 2019 nennt Sendungen in ähnlicher Größenordnung. Die genannten Kosten scheinen also weiterhin in einem ähnlichen Ausmaß zu entstehen. Nicht religiöse GebührenzahlerInnen finanzieren diese Programme also mit.
Seelsorge
Seelsorge bedeutet, daß nicht notwendigerweise evidenzbasiert ausgebildete Menschen anderen Menschen psychische Unterstützung nach den Vorstellungen ihrer Religion zu geben versuchen. Es gibt einige Bereiche, in denen die Bedingungen mangels Fluchtmöglichkeit einer Zwangsbeglückung entsprechen - so im Militär, in Gefängnissen und in Krankenhäusern.
Militärseelsorge: 2010 ca. 4 Mio. € (GWuuB)
Gefängnisseelsorge: ca. 0,6 Mio. € (GWuuB)
Die christliche Telefonseelsorge wird in einzelnen Bundesländern auch vom Bundesland oder einer größeren Gemeinde mitfinanziert.
Seelsorge in Krankenhäusern: Es gibt dazu keine Aufstellung. Die Personen, die die Seelsorge bieten, sind zwar Freiwillige oder von den Religionsgemeinschaften bezahlt; allerdings existiert in jedem Krankenhaus eine Infrastruktur für sie, bis hin zu ganzen Kapellen, die natürlich der Krankenhausbetreiber finanziert.
Zahlungen von Gemeinden
GWuuB nennt viele Beispiele, in denen Gemeinden (vom Dorf bis zur Großstadt) aus ihrem Budget kirchliche Zwecke unterstützen, z. B. Renovierungen von Kirchen.
Man kann am eigenen Wohnort, soweit dort entsprechende Budgettransparenz herrscht, in der Kategorie 39 (in größeren Gemeinden 3900 oder 39000) "Kirchliche Angelegenheiten" schauen. (Die Publikation der Rechnungsabschlüsse in einem maschinenlesbaren Format ist gesetzlich vorgeschrieben.)
Die Seite OffenerHaushalt.at enthält die Rechnungsabschlüsse von ca. 1.480 teilnehmenden Gemeinden. In der Suche oder auf der Karte wählt man die entsprechende Gemeinde, dann "Detailansicht VRV97", und geht über "3 Kunst, Kultur und Kultus" weiter zu "39 Kultus". In vielen Gemeinden existiert dort ein Posten wie "390 Kirchliche Angelegenheiten".
Bei der Statistik Austria lassen sich diese Zahlen für die letzten Jahre nur kostenpflichtig abrufen.
Die Summe der Ausgaben der Gemeinden für "390 Kirchliche Angelegenheiten" war:
Jahr | Summe in Mio. € | Pro Kopf | Bundesland mit den höchsten Ausgaben pro Kopf | Pro Kopf im genannten Bundesland |
---|---|---|---|---|
2020 | 11,39 | € 1,28 | Salzburg | € 3,68 |
2021 | 11,11 | € 1,24 | Vorarlberg | € 3,52 |
2022 | 12,37 | € 1,37 | Vorarlberg | € 4,34 |
Wien (gleichzeitig Bundesland und Gemeinde) weist in "390 Kirchliche Angelegenheiten" nichts aus. Alle anderen Bundesländer schon. Der Pro-Kopf-Wert beinhaltet ganz Österreich, und wie wir sehen, ist die Verteilung zwischen den Bundesländern ziemlich ungleich.
Neben den Gemeinden geben auch einige Bundesländer Geld in diesem Bereich aus.
Oberösterreich 2020 und 2021: Jeweils ~ 100.000 €
Tirol 2020: 1,26 Mio. €, 2021: 1,15 Mio. €
Bildung und Erziehung
In Bereichen, in denen die Kirchen mehr oder weniger plausibel erklären können, öffentliche Leistungen zu erbringen, springt der Staat weitgehend mit der Finanzierung ein. Eine katholische Schule hat zwar Zugangsbeschränkungen und Einschränkungen der Religionsfreiheit (z. B. ist keine Abmeldung vom katholischen Religionsunterricht möglich), aber die LehrerInnen zahlen der Staat und die Gemeinden zusammen. Es gibt immer noch Bezirke in Österreich, in denen die Matura nur in einer konfessionellen Privatschule erreicht werden kann (GWuuB, Seite 124).
Ca. 5,5 % der Schulen in Österreich haben eine Religionsgemeinschaft als Schulerhalter (Statistik Austria). Das sind 328 Schulen, die meisten davon (285) betreibt die katholische Kirche.
Kindertagesstätten: Kindergärten, Krippen
Laut GWuuB waren 2009 herum 10,8 % der Kinderbetreuungsstätten in kirchlicher Trägerschaft, und diese betreuten 12,4 Prozent der Kinder. Dort ist als Quelle die Bildungsausgabenstatistik der Statistik Austria angegeben. Leider findet sich diese Aufschlüsselung aktuell nicht mehr. GWuuB gibt jährliche Kosten von 185 Millionen an.
Nehmen wir aktuell 10 % an (unter der Annahme, dass der Anteil religiöser Träger und ihre Attraktivität etwas abgenommen haben), und nehmen die Zahlen für 2019 von der Statistik Austria her, so bekommen wir einer Unsicherheit von +/- 10 % ca. 260 bis 318 Mio. €. Das ist deutlich höher als 2009, aber in den letzten 10 Jahren hat der Anteil der in Kindergärten betreuten Kinder durch verschiedene Maßnahmen stark zugenommen.
Konfessionelle Privatschulen
Dank dem "Schulkonkordat" besitzen Schulen, die von anerkannten Religionsgemeinschaften betrieben werden, automatisch das Öffentlichkeitsrecht, sie sind also - anders als Schulen in anderer nicht-öffentlicher Trägerschaft - den öffentlichen Schulen gleichgestellt. Ihre Zeugnisse gelten also als gleichwertig mit Zeugnissen öffentlicher Schulen. Und der Bund zahlt auch die Personalkosten der LehrerInnen.
2012 wurde im Parlament eine detaillierte Anfrage an die Unterrichtsministerin gerichtet, aus deren Beantwortung GWuuB einige Zahlen erhielt. Für 2009/2010 weist das Buch 450 Mio. € für diesen Bereich aus.
Laut Bildungsausgaben-Aufstellung der Statistik Austria zahlte die öffentliche Hand im Jahr 2019 für Pflichtschulen und AHS/BHS/Berufsschulen zusammen 11,356 Milliarden €. Die 5,5 % der Schulen mit einer Religionsgemeinschaft als Erhalter kosten davon (wieder mit +/- 10 % Streuung) 562 bis 687 Millionen €.
Konfessioneller Religionsunterricht
Sämtliche ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen (und wie wir gesehen haben, an konfessionellen Privatschulen) sowie die Unterrichtsmaterialien werden von der öffentlichen Hand finanziert. GWuuB nennt Ausgaben von 267 Mio. €.
Kontrolliert werden die Ausbildung und die Zulassung der LehrerInnen aber von den Religionsgemeinschaften, die die Lehrerlaubnis auch entziehen können (von LehrerInnen, die die öffentliche Hand angestellt hat und bezahlt!).
Angesichts der Tatsache, dass die Bildungsausgaben für den Primar- und Sekundarbereich allein zwischen 2012 und 2019 um 13 % zugenommen haben, andererseits aber auch viele SchülerInnen sich vom Religionsunterricht abmelden, können wir eine ähnliche Größenordnung der Kosten wie zur Entstehung von GWuuB annehmen.
Konfessionelle Pädagogische Hochschulen
Von den 14 pädagogischen Hochschulen in Österreich sind vier kirchlich und eine, die Private Pädagogische Hochschule Burgenland, gehört einer Stiftung, die von Bund, Land und Kirche getragen wird. Die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems wird in "ökumenischer Zusammenarbeit" von verschiedenen christlichen Kirchen betrieben.
GWuuB weist für 2011 37,7 Mio. € Aufwendungen für die konfessionellen Hochschulen aus. Neuere Zahlen konnten wir nicht finden.
Theologische Fakultäten an öffentlichen Universitäten
Diese Fakultäten (fünf katholisch, eine evangelisch) bilden an öffentlichen Universitäten ziemliche Fremdkörper: Die Kirche schreibt vor, welche Fächer zu unterrichten sind, die Personal- und Sachausstattung, und hat die letzte Entscheidung über die Professuren. Eine organisatorische oder wissenschaftliche (soweit man bei Theologie davon sprechen kann) Weiterentwicklung ist auf diese Weise schwer zu erreichen. Rechtsgrundlage sind das Konkordat und das katholische Kirchenrecht. Zahlen muss die öffentliche Universität -- also im Endeffekt die öffentliche Hand.
Die Anzahl der Studierenden der Theologie sinkt sowohl absolut als auch als Anteil der Studierenden insgesamt. Im Studienjahr 2020/2021 studierten an öffentlichen Universitäten 2.291 Personen Theologie, das entspricht 0,74 % der gesamten Studierenden an öffentlichen Unis. Zehn Jahre vorher lag der Anteil noch bei 0,85 % (GWuuB Seite 135).
Wie erwähnt schreibt aber das Konkordat die Anzahl der Professuren vor, der finanzielle Aufwand für die Fakultäten sinkt also nicht parallel mit dem Interesse am Theologiestudium. GWuuB nennt für 2002 55 Professoren der Theologie, das war damals 3,4 % aller Professoren, bei damals 1,1 % der Theologiestudierenden an allen Studierenden.
Nach Angaben der Universität Wien sind 24,85 "Vollzeitäquivalente" ProfessorInnen im Bereich "Religion und Theologie" tätig. Das sind 5,2 % der ProfessorInnen an der Universität Wien - deutlich mehr als der Anteil der Studierenden. Wenn das Verhältnis an den anderen Universitäten mit theologischen Fakultäten ähnlich ist, und diese Universitäten ca. 42 % der ProfessorInnen an allen öffentlichen Universitäten ausmachen, können wir rechnen, dass die Personalkosten der theologischen Fakultäten etwa 2 % der Personalkosten aller öffentlicher Universitäten ausmachen. 2 % des Personalteils der Bildungsausgaben 2019 (Statistik Austria) ergibt 55,35 Mio. Euro -- nur für Personal, ohne Sachaufwände. (GWuuB berechnete vor 10 Jahren 34 Mio. Euro.)
Soziales und Gesundheit
"Gottes Werk und unser Beitrag" nennt für diesen Bereich 2,4 Milliarden Euro pro Jahr, die unter anderem an die Caritas, die Diakonie und an Ordensspitäler gehen.
Da diese Seite nur Zahlungen an Religionsgemeinschaften und für religiöse Zwecke auflistet, rechnen wir diesen Betrag nicht in die Gesamtsumme ein und aktualisieren sie auch nicht. Hier soll nur der Hinweis auf die Caritas-Lüge und die überwiegend staatliche Finanzierung des Sozial- und Gesundheitswesens mit minimalem kirchlichem Anteil nicht fehlen.
Die Caritas weist in ihrem Leistungsbericht "Subventionen und Zuschüsse der öffentlichen Hand und kirchliche Beiträge" nur zusammen aus. Es wäre leicht und transparent, diesen Punkt aufzuteilen -- sie werden schon wissen, warum sie es nicht tun. Was ist die Obergrenze für den kirchlichen Beitrag? Das beantwortet die katholische Kirche auf ihrer Finanz-Seite: 14,9 Mio. Euro, 2,3 % ihres Gesamtbudgets. Wenn das alles an die Caritas ginge (was sicher nicht der Fall ist), wäre das 1,6 % des Gesamtbudgets der Caritas. In der öffentlichen Darstellung ist aber die Caritas das soziale und karitative Aushängeschild fürs Engagement der katholischen Kirche in diesen Bereichen.
Kultur und kulturelles Erbe
Denkmalschutz
Bei der Statistik Austria sind die Subventionen des Bundes für den Erhalt des "Baukulturellen Erbes", also Denkmalschutz, jährlich ausgewiesen. 2019 betrug die Förderung für Sakralbauten 7,4 Mio. Euro, die Zahlen in den Vorjahren sind ähnlich. Für 2020 und 2021 können wir also jeweils 7,4 bis 7,5 Mio. € annehmen.
Die Förderung von 7,4 Mio. Euro beträgt 45,8 % der gesamten Fördersumme. Sakral sind etwa 35 % der geförderten Denkmäler laut Bundesdenkmalamt, von Bildstöcken und Steinkreuzen über Pfarrhöfe bis hin zu ganzen Gebäudekomplexen.
Hier wird oft der touristische Wert der Denkmäler als Ursache der Förderung angeführt, der Einnahmen generiert. Diese Einnahmen wandern halt in erster Linie in private und in kirchliche Taschen, nur ein Teil von ihnen kommt in Form von Steuern beim Staat an. Diejenigen, die davon profitieren, übertragen die Kosten natürlich gerne an die Öffentlichkeit.
Und dies betrifft hauptsächlich einzelne überregional bekannte Gebäude, aber nicht die Mehrzahl der denkmalgeschützten Objekte, die irgendwelche Kapellen, Kreuze, alte Pfarrhöfe und aktiv kirchlich genutzte Gebäude sind.
Wer in einer Gemeinde wohnt, in der die kirchlichen Gebäude zusammen mit dem Bundesdenkmalamt saniert werden, wird zuvorkommend im Pfarrblatt informiert, dass Spenden für diese Renovierung von der Steuer absetzbar sind. Sie müssen ans Bundesdenkmalamt gezahlt und speziell markiert werden; das Bundesdenkmalamt administriert die Meldung ans Finanzamt für die Steuerabsetzung. Auch hier wird eine operative Aufgabe, die Kirchengebäude betrifft, an eine staatliche Behörde ausgelagert.
"Gebetsfrühstück" im Parlament
2020 fand im Nationalrat eine Gebetsveranstaltung mit externen Zuspielungen von anderen christlichen und jüdischen Standorten statt, und wurde live ins Web übertragen.
Eine parlamentarische Anfrage ergab Kosten von mindestens 10.300 €, die von der Allgemeinheit (aus dem Budget des Nationalrats) erbracht wurden.